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Zukunft der Datenspeicherung – Wenn die Cloud nicht mehr reicht

Über viele tausend Jahre haben wir Menschen immer wieder neue Wege gefunden, um Informationen zu speichern. Interessant dabei ist, dass wir mit der Zeit immer weniger Platz für die Datenspeicherung benötigen. Derzeit nutzen wir vermehrt die Cloud und damit enorme Serverfarmen, um unser Datenaufkommen zu bewältigen. Doch wir könnten bald an eine Grenze kommen. Ein unkonventionelles neues Speichermedium könnte aber Abhilfe verschaffen.

Antike Datenspeicherung

Die älteste Möglichkeit, um Informationen zu speichern, sind wahrscheinlich Höhlenmalereien. Die frühste uns bekannte Höhlenmalerei ist das min. 45.500 Jahre alte Abbild eines Warzenschweins in Leand Tedongne in Indonesien. Wirklich detaillierte Speicherung von Informationen wurde allerdings erst mit der Entstehung von Sprache und Schrift möglich. Die bis dato ältesten bekannten Schriftstücke könnten verschiedene Artefakte aus China sein (ca. 6.600 v. Chr.), die mit der sog. Jiahu-Schrift versehen sind, welche wiederum mit der antiken Orakelknochen-Schrift in Verbindung stehen könnte. Allerdings gibt es auch wissenschaftliche Stimmen, die behaupten, dass die Jiahu-Schrift gar keine richtige Schrift ist. Demnach wären die sog. Kish-Steine aus dem heutigen Irak (ca. 3.200 v.Chr.) die ältesten uns bekannten Schriftstücke. All diese antiken Schriftstücke hatten allerdings gemein, dass diese häufig auf Steinen, Knochen, Tontafeln oder Schieferplatten festgehalten wurden.

Erst später wurden dann Materialien wie z.B. Papyrus, Palmenblätter, Wachstafeln oder Seide genutzt. Papier wurde erst 105 n.Chr. von einem Hofbeamten des chinesischen Kaisers erfunden. Dieser mörserte u.a. Maulbeerbast, Chinagras, Fischernetze und Lumpen, weichte die Bruchteile auf und schöpfte dann dünne Scheiben ab. Noch heute verwenden wir grundsätzlich die gleiche Methode, um Papier herzustellen.

Buchdruck als weltverändernde Datenspeicherung

Der erste Buchdruck wurde ebenfalls in China bereits 581 n.Chr. mithilfe des Holztafeldruck-Verfahrens vorgenommen. Das älteste mit Sicherheit datierbare Druckerzeugnis ist die Diamanten-Sutra aus dem Jahr 868 n.Chr. Allerdings waren die damaligen Drucke arbeitsintensive Handdrucke, bei der für jede Seite eine individuelle Holztafel hergestellt werden musste. Demnach fand dieses Druckverfahren nur sporadische Anwendung.

Unabhängig davon wurde in Europa allerdings der professionelle und massentaugliche Buchdruck von Johannes Gutenberg erfunden. Dieses Druckverfahren arbeitete mit beweglichen Metallettern und wurde ab 1450 als effiziente und effektive arbeitsteilige Manufaktur betrieben. Das Buch wurde damit zu einem Massenartikel und die Wissensgesellschaft konnte entstehen. Damit konnte sich Papier und das Buch als bestes Informationsmedium und als beste Datenspeicherungsmöglichkeit etablieren, was auch eine einfache Vervielfältigung von Informationen ermöglichte.

Digitale Speicherung

Die nächste große Revolution der Datenspeicherung ist dann erst wieder die digitale Speicherung von Informationen. Dabei speichert man Bits an Informationen auf Materialen, die zwei unterschiedliche und umschaltbare physikalische Zustände/Eigenschaften haben. Bits werden binär kodiert (1 und 0), sodass eine 1 oder eine 0 einem bestimmten physikalischen Zustand zugeordnet wird. Je kleiner der Bereich ist, dem eine 1 oder eine 0 zugeordnet werden kann, umso mehr Daten können auf dem Material gespeichert werde. Heutzutage sind diese Bereiche nur noch bis zu 30 Nanometer (0,00000003 Meter) groß. Damit ist moderne Datenspeicherung sehr komplex, da es eine Kontrolle der Speichermaterialien auf atomarer Ebene notwendig macht.

Anfänge der modernen Datenspeicherung: Lochkarten

Die moderne Datenspeicherung hat viele Meilensteine zu verzeichnen. Lochkarten waren die erste wirkliche Möglichkeit Daten digital zu speichern. Die ersten Lochkarten waren noch aus Holz und wurden bereits im 18. Jahrhundert im Zuge der Automatisierung verwendet, um z.B. Webstühle oder Drehorgeln zu betreiben. Datenspeicherung auf Lochkarten wurde zuerst 1890 von Herman Hollerith bei einer US-amerikanischen Volkszählung verwendet. Später konnte das Medium dann auch als maschinenlesbares Speichermedium für ganze Programme genutzt werden.

Lochkarten funktionieren, indem verschiedenen Anordnungen von Löchern bestimmte Zeichen kodieren. Lochkartenleser tasten dann mit Stiften, Bürsten oder Lichtschranken die Löcher ab und können so die notwendigen Informationen erhalten (Programmcode, Steuerungsanweisungen, Eingabedaten etc.). Eine Lochkarte kann ca. 80 Bytes speichern – ein derzeitiges Smartphone hat also die Speicherkapazität von ca. 400 Millionen Lochkarten.

Weiterentwicklung der modernen Datenspeicherung

Danach ging es dann Schlag auf Schlag. In den 1960er Jahren wurden die Lochkarten bei Großcomputern nach und nach von Magnetbändern abgelöst. Diese können deutlich mehr Daten speichern (1 Rolle Magnetband = 10.000 Lochkarten) und sind wiederbeschreibbar. 1956 entwickelte IBM mit RAMAC 350 die erste klassische Festplatte mit magnetischen Speicherplatten und einer Speicherkapazität von 3,75 MB. Die Festplatte war so groß wie ein Wohnzimmerschrank (1,73 m hoch x 1,52 m breit x 74 cm tief), wog knapp 1 Tonne und bei Betrieb war ein Gehörschutz notwendig. Ein Smartphone mit 16 GB würde damals die Ausmaße eines Wohnblocks angenommen haben.

1971 entwickelte IBM ebenso die erste 8-Zoll Floppy-Disk mit einem Speichervermögen von 80 KB. Nun konnten auch Privatnutzer Daten digital speichern, austauschen und verarbeiten. Damit entstand der Privatkunden Software-Markt und auch der erste Virus „Creeper„. Dieser zeigte bei befallenen Rechnern die Nachricht „I’m the Creeper: Catch me if you can“ an. Nach und nach stieg die Speicherkapazität von Floppy-Disks auf bis zu 250 MB und die Disks wurden wiederbeschreibbar. 1979 erfanden Philips und Sony die Audiodisk und somit die CD, DVD und auch die Blu-ray. CDs können bis zu 900 MB und DVDs/Blu-rays sogar bis zu 50 GB an Daten speichern. Besonders bei Privatnutzern und KMUs ist dieses Speichermedium beliebt.

Die Grenzen der Datenspeicherung

Heute speichern wir Daten auf USB-Sticks, externen Festplatten (mit mehreren TB an Speicherkapazität) oder in der Cloud/in Rechenzentren. Aber wir produzieren auch immer mehr Daten: täglich entstehen alleine 500 Millionen Tweets, 306 Milliarden Emails, 4 Millionen GB Facebook-Daten, 65 Milliarden WhatsApp Nachrichten und 720.000 Stunden neuer Content auf YouTube. Insgesamt hatten wir 2016 geschätzt 33 Zetabyte (ZB) an Daten. 2020 waren es bereits 58 ZB. Ein ZB sind 1 Billionen GB. Diese Daten werden in drei verschiedenen Schichten gespeichert. Viele Daten werden im Internet of Things gespeichert, also auf Smartphones, Smart Geräte, Computer etc. (sog. Endpoints). Ebenso bieten institutionelle Server von Unternehmen, Universitäten, staatlichen Behörden, Banken usw. sehr viel Speicherplatz (sog. Edge). Der Großteil an Informationen und Daten wird allerdings in Rechenzentren und Cloud-Daten Center vorgehalten (sog. Core).

Insgesamt gibt es 600 Hyperscale-Daten Center mit über 5.000 Server auf der Welt. 40% davon befinden sich in den USA. China, Japan, Großbritannien, Deutschland und Australien kommen zusammengerechnet gerade mal auf 29%. Microsoft, Amazon und Google betreiben ca. die Hälfte dieser Center. Das größte Center ist das China Telecom Data Center mit einer Größe von 10,7 Millionen m². Um die wachsende Nachfrage nach digitaler Speicherung zu bedienen, werden alle 2 Jahre ca. 100 neue Hyperscale-Daten Center gebaut.

Neue Berechnungen, die von einer 50% Wachstumsrate der digitalen Informationsproduktion ausgehen, kommen zu dem Schluss, dass in 150 Jahren die Anzahl der digitalen Bits die Anzahl aller Atome auf der Erde übersteigen könnte. Bereits in 110 Jahren würde die Energie, die für die gesteigerte Datenspeicherung benötigt werden würde, den Energiekonsum der gesamten Erde übersteigen. Damit könnte Datenspeicherung eine enorme Herausforderung für uns werden.

Zukunft der Datenspeicherung

Doch wir Menschen sind erfinderisch. So gibt es bereits eine Möglichkeit, um die 33 ZB an Daten aus dem Jahre 2016 auf einem Medium zu speichern, dass lediglich so groß wäre wie ein Ping Pong Ball. Alle Daten der Library of Congress (größte Bibliothek der Welt, gemessen am Buchbestand), also ca. 38 Millionen Printmedien, 3.6 Millionen Tonaufnahmen, 14 Millionen Fotos, 5.5 Millionen Landkarten, 8.1 Millionen Notenblätter, 70 Millionen Manuskripte und weiteres (insg. ca. 167 Millionen Objekte), könnten 6.000 mal auf der Größe eines Mohnsamens gespeichert werden. Ein halber Mohnsamen würde ausreichen, um alle Facebook-Daten zu speichern

Die alles ermöglicht die DNA. Im Grunde ist die DNA ein 4-Buchstaben-Code, um Informationen zu speichern. Die Nukleotiden (Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin) kodieren in der Biologie jegliche Lebewesen und all deren Merkmale. Schon heute ist es möglich DNA zu synthetisieren. Jede Nukleinbase kann ca. 1,6 Bits speichern, womit eine Speicherkapazität von ca. 215 Petabyte (1 PB = 1.000.000 GB) pro Gramm vorliegt. Damit könnten wir die höchste derzeit mögliche Speicherdichte erreichen. Hinzu kommt, dass DNA auch äußerst langlebig ist. Man geht davon aus, dass dieses Speichermedium bei richtiger Lagerung mehrere hunderttausend Jahre halten könnte. Durch das bereits bekannte Verfahren der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist es auch ohne weiteres möglich, in DNA gespeicherte Daten zu duplizieren und damit zu vervielfältigen.

Derzeit ist die Speicherung von Daten auf DNA aber noch sehr aufwändig. Diese dauert sehr lang und kostet viel Geld. Allerdings bestehen bereits Bemühungen den Prozess zu Beschleunigen und günstiger zu machen. In Zukunft könnten also Doppel-Helix Moleküle gutbehütet in unseren Geräten verwahrt sein, damit wir enorme Mengen an Daten auf DNA speichern können. Alternativ könnten wir uns natürlich auch einfach ein wenig zurückhalten, was Datenproduktion und Datenspeicherung angeht. Ist aber nur halb so spannend…

Richtig spannend sind auch unsere weiteren Blog-Beiträge. Hier z.B. zur super KI GPT-3.

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