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Dream Engineering – Träume auf Knopfdruck

Noch wissen wir nicht wirklich, warum und wie wir träumen. Allerdings hat die Forschung bereits etliche Wege gefunden Träume zu beeinflussen. Diese Beeinflussung und die dafür notwendigen Technologien werden als Dream Engineering bezeichnet. Allerdings bergen diese Möglichkeiten auch Gefahren.

Träume beeinflussen: Vor dem Schlafengehen

Durch Untersuchungen wissen wir, dass mithilfe von Stimuli vor dem Schlafengehen Träume beeinflusst werden können. Wenn man bspw. vor dem Einschlafen lange nichts trinkt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass man von Getränken oder anderen Dingen, die mit Durst in Verbindung stehen, träumt. Auch das Schauen von Filmen kann sich auf eine ähnliche Weise auf unsere Träume auswirken. Eine Studie stellte fest, dass die Wahrscheinlichkeit von negativen Träumen steigt, wenn man vor dem Schlafengehen einen stressigen Film schaut. Im Gegensatz dazu scheint das Betrachten von Prismen vor dem Schlafen gehen die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass aktivere und lebendigere Träume auftreten.

Doch nicht nur durch Stimuli können Träume beeinflusst werden, sondern auch durch Gedanken. So zeigen Untersuchungen, dass das Überdenken eines persönlichen Problems 15 Min. vor dem Schlafengehen in 49% der Fälle dazu führen könnte, dass Träume mit genau diesem Problem zu tun haben und in 34% der Fälle sogar eine Lösung für das Problem enthalten könnten. Auch kann die Visualisierung von positiven Enden von Albträumen vor dem Schlafengehen dazu führen, dass ggf. auftretende Albträume aufgelöst werden.

Träume beeinflussen: Während des Schlafens

Auch ist die Beeinflussung von Trauminhalten während des Schlafens möglich. Wasser ins Gesicht sprühen, Ausüben von Druck auf bestimmte Gliedmaßen oder elektrische Impulse könnten während des Schlafens die Lebendigkeit und die Wahrnehmung von Bewegungen in Träumen beeinflussen. Auch der Geruchsinn scheint eine wesentliche Rolle bei der Traumbeeinflussung während des Schlafens zu spielen. So können angenehme Gerüche, die während des Schlafens wahrgenommen werden, Träume positiv beeinflussen, wohingegen sich unangenehme Gerüche negativ auf Träume auswirken können.

Träume beeinflussen: Vor und während des Schlafens

Beide Beeinflussungsarten, vor und während des Schlafens, sind auch kombinierbar und können sich auf Erinnerung und Wissen auswirken. So könnte das Riechen eines bestimmten Geruchs, welchen man bereits vor dem Schlafengehen gerochen hat, im Schlaf dabei helfen Erinnerungen besser zu verfestigen. Ähnliches gilt auch für Geräuschen, inkl. Gesprochenem. Dies soll die Reaktivierung von Sachwissen im Traum hervorrufen. Das ist auch ein Grund dafür, warum diese Technik häufig Anwendung findet, um Sprachen zu lernen.

Auch Trauminhalten können durch die kombinierte Anwendung der Techniken beeinflusst werden. So könnte durstiges Einschlafen und das Hören von Flüssigkeit-bezogenen Wörtern während des REM-Schlafs dazu führen, dass die Träume mehr mit Flüssigkeiten zu tun haben. Bei der Studie fand man ebenso heraus, dass jene, die im Traum ihren Durst stillten, morgens beim Aufwachen weniger tranken als jene, die davon träumten durstig zu sein. Ähnliche Auswirkungen fand man bei Menschen, die vor dem Schlafengehen einen stressigen Film schauten und dann während des Schlafens die Filmmusik hörten. Dies führte dazu, dass häufiger Elemente des Films im Traum auftrauchten.

Dream Engineering

All diese Möglichkeiten haben eine zukunftsträchtige Vision und eine neue Technik ermöglicht: Dream Engineering. Ziel dabei ist es Träume zu beeinflussen, um mehr über Träume und das schlafende Gehirn zu erfahren und um Albträume und psychische Probleme besser behandeln zu können. Dies wird mit den soeben beschriebenen Methoden versucht, welche dann mit ergänzenden technischen Geräten umgesetzt werden. Derzeit wird bereits fleißig an Maschinen und Geräten geforscht und gearbeitet, mithilfe denen vielleicht in Zukunft Träume auf Knopfdruck produziert werden könnten.

Dream Engineering: Dormio-Handschuh

Einer dieser Geräte ist der Dormio-Handschuh. Dessen Funktion ist relativ simpel aber effektiv. Mehrere Sensoren messen an der Hand Muskelspannung, Hautleitfähigkeit und den Herzschlag. Mit diesen Messungen soll eine verlässliche Identifikation des Übergangs von Wach zu Schlafend stattfinden. Laut dem Erfinder ist dieser Übergang besonders geeignet um Träume zu beeinflussen. Sobald dieser Zustand also registriert wird, spielt eine ergänzende App automatisch einen Satz ab, um den Traum in eine bestimmte Richtung zu lenken. In der veröffentlichten Studie zu dem Handschuh spielte man den Satz „Denken Sie an einen Baum“ ab. Daraufhin träumten viele Teilnehmer tatsächlich von Bäumen. 

Dream Engineering: Essence-Geruchsmaschine

Eine andere Herangehensweise findet sich bei dem Wearable mit dem Namen Essence. Dabei werden ebenso Messungen von Vitalzeichen vorgenommen, um den Zustand der Nutzer zu überwachen. Dies ist notwendig, um das Wearable in Abhängigkeit von festgelegten Parametern aktivieren zu können. So kann bspw. eingestellt werden, dass Essence dann aktiv wird, wenn der Puls oder die Gehirnaktivität einen gewissen Wert erreicht. Sobald der festgelegte Wert erreicht wird, werden während des Schlafens App-gesteuert Gerüche absondert, die Träume beeinflussen können. Das Gerät könnte somit genutzt werden, um angenehme Gerüche abzusondern, welche sich positiv auf Träume auswirken könnten, sobald physische Indikatoren für Albträume vorliegen.

Dream Hacking

Doch die bloße Möglichkeit der Beeinflussung von Träumen könnte auch sog. Dream Hacking mit sich bringen. Coors Beer hat diesbezüglich einen kleine Marketing-Clou gelandet. In Zusammenarbeit mit einer Traum-Forscherin hat die Firma einen Werbe-Clip erstellt, welche Menschen dazu bringen kann von Coors-Produkten zu träumen. Allerdings mussten die Teilnehmer bei dem Experiment, die den Clip vor dem Schlafengehen schauten, auch offen dafür sein und sich wünschen, von dem Clip zu träumen. Nichtsdestotrotz zeigt dieser Marketing-Gag aber das Potential, dass aus Dream Engineering schnell auch Dream Hacking werden könnte. Und das Bewusstsein für die neue Technologie und dessen Möglichkeiten ist bereits verbreiten. Eine Future of Marketing-Umfrage der American Marketing Association New York stellte fest, dass 77% der 400 Befragten Marketingfunktionäre in den nächsten 3 Jahren in Dream-Tech investieren wollen. Ebenso gaben 38% der befragten Verbraucher an, dass diese nichts gegen den Einsatz von solchen Techniken hätten.

Dream Hacking: Sorge, Potenzial, Fragen

Allerdings besteht die Sorge, dass die Beeinflussung von Träumen z.B. in Verbindung mit intelligenten Lautsprechern auch ohne Kenntnis der Betroffenen passieren könnte. Denkbar ist aber auch, dass Dream Hacking in Zukunft etwas ist, was wir explizit wünschen. Nicht in Form von Werbung, sondern in Form von Entertainment. So sucht man sich in Zukunft vor dem Schlafengehen noch schnell einen guten Film aus, legt sich Schlafen und genießt den Traum.

Solch umfangreiche Beeinflussung von Träumen ist allerdings noch lange nicht möglich, darum sind solche Zukunftsvisionen derzeit noch ohne Grundlage. Nichtsdestotrotz veranlasste die bloße Gefahr von Dream-Hacking etliche Forscher bereits dazu ethische Richtlinie für Dream Engineering zu verfassen und zu unterzeichnen. Dort steht dann auch geschrieben, dass Träume nicht ohne Kenntnis und Einwilligung der Betroffenen beeinflusst werden dürfen. Der genaue Einsatz der Technologie in der Zukunft bleibt spannend. Auch die rechtliche Regulierung dürfte interessant werden. Bis dahin ist aber wahrscheinlich noch etwas Zeit. Also nach hinten lehnen, Augen zu machen und mal schauen, welcher Traum das Gehirn diesmal auf mysteriöse Art und Weise ausspuckt.

Solltet ihr mehr über die Thematik erfahren wollen, schaut gerne beim Podcast von Maurice vorbei. Dort gibt es eine Episode zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu Träumen und zu Dream Engineering. Zu finden überall, wo es Podcasts gibt.

Richtig spannend sind auch unsere weiteren Blog-Beiträge zu Neurotechnologien. Hier z.B. Teil 1 unserer Reihe zu Brain-Computer Interfaces.


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